Logo



Moor braucht Schutz
Wiedervernässung, Renaturierung, Regeneration

Der Schutz unserer Moore besitzt heute einen sehr hohen Stellenwert. Moorschutz ist sogar zum erklärten politischen Willen geworden, wie etwa das Niedersächsische Moorschutzprogramm zeigt. Es wurde von der Landesregierung 1981 und 1986 in zwei Teilen beschlossen. Es sah vor, rund 50.000 Hektar (500 km²) noch nicht abgetorfte und naturschutzwürdige Moorflächen nachhaltig zu schützen. Weitere 31.000 Hektar (310 km²) sollten nach ihrer Abtorfung renaturiert und ebenfalls als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Diese Flächenangaben beziehen sich auf insgesamt 351 verschiedene Regenmoorstandorte in Niedersachsen. Das Ziel, insgesamt rund 81.000 Hektar Regenmoorflächen unter Schutz zu stellen, war Ende 2005 zu etwa 50 % erreicht. Bis dahin sind rund 30 Mio. Euro an Landesmitteln für das Moorschutzprogramm eingesetzt worden. Die vollständige Umsetzung des Programms wird erst Ende 2050 möglich sein. Dann erst läuft der genehmigte industrielle Torfabbau insgesamt aus.

Die Unterschutzstellung allein führt nicht automatisch zum gewünschten Ziel, das naturschutzwürdige Moorflächen regenerieren und dauerhaft erhalten bleiben. Hierzu müssen vielmehr unterschiedliche, teilweise sehr aufwendige Maßnahmen ergriffen werden. Welche, richtet sich im Einzelfall etwa nach dem jeweiligen Beeinflussungsgrad oder dem Schicksal des Moorrestes. Sie umfassen Wiedervernässungs- und/oder Renaturierungsschritte. Eine besondere Herausforderung bilden dabei Regenmoore, vorher entwässert und industriell abgetorft wurden. Oberstes Ziel aller Moorschutzmaßnahmen ist immer, soweit möglich, die Regeneration, also die »Wiederherstellung« des natürlichen Zustandes. Ein Regenmoorrest soll also langfristig wieder wachsen und Torf bilden.

Seit 1976 wurden in Niedersachsen hierzu umfangreiche Feldversuche unternommen. Ihre Resultate zeigen, dass die Regeneration (wörtlich: Neuentstehung) eines Regenmoores keinesfalls innerhalb eines kurzen, überschaubaren Zeitraumes zu erreichen ist. Es wird vielmehr mit folgenden Zeitabläufen gerechnet:

1. Wiedervernässung             Jahre

2. Renaturierung                     Jahrzehnte

3. Regeneration                       Jahrhunderte


Wiedervernässung. Um ein entwässertes Regenmoor erfolgreich wiedervernässen zu können, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, beispielsweise:

  • ein stauender Schwarztorfkörper von mindestens 0.5 m Mächtigkeit muss noch vorhanden sein;
  • eine Schicht aus 0.3 m Weißtorf über dem Staukörper als Wasserspeicher und Verdunstungsschutz ist notwendig;
  • annähernd ebene Oberflächen mit Höhendifferenzen von maximal 30-40 cm sind von Vorteil
  • vorhandene Entwässerungsgräben sind Abzudämmen und Anzustauen (Abb. 25)
  • die Anhebung des Moorwasserstandes darf möglichst nicht über Geländeoberfläche erfolgen.

Renaturierung. Unter Moorrenaturierung versteht man die »Wiederherstellung« naturnaher Lebensverhältnisse. Sie sollen eine Wiederbesiedlung des Moorrestes mit den typischen Lebensgemeinschaften ermöglichen. An oberster Stelle steht dabei natürlich die regenmoortypische Vegetation. Damit sie sich wieder erfolgreich etablieren kann, ist folgendes wichtig:

  • Das Vorhandensein von »Bunkerde« begünstigt eine Wiederansiedlung der ursprünglichen Vegetation. Bunkerde ist die jüngste, oberste Weißtorfschicht. Vor industriellen Abtorfungsmaßnahmen wird sie meist abgeräumt und dann deponiert. Sie enthält häufig noch keimfähige Samen und Sporen der einstigen Moorvegetation.
  • Sofern wieder ausreichend feuchte Standortverhältnisse geschaffen worden sind (dauerhaft oberflächennaher Wasserstand!), sollte man immer eine natürliche Wiederbesiedlung der Regenmoorvegetation anstreben. Etwa durch Ausbringung von Bunkerde oder durch Förderung noch vorhandener Reste moortypischer Vegetation. Anpflanzungen oder Aussaat stellen immer nur Notlösungen dar.

Regeneration. Über eine erfolgreiche Regeneration von gestörten Regenmooren liegen verständlicherweise noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. Wieso glaubt man aber dennoch fest daran, dass eine Regeneration erfolgreich sein könnte? Ist das lediglich eine Wunschvorstellung?

Stagnation - Regeneration. Nicht nur menschliche Eingriffe in den Wasserhaushalt bringen das Wachstum eines Regenmoores zum Erliegen. Auch unter natürlichen Bedingungen kann das Wachstum eines Regenmoores ins Stocken oder zum völligen Stillstand (= Stagnation) kommen. Stagnation ist gewissermaßen die Antwort des Moores auf Störungen, die eingetreten sind. Beispiele für solche Störungen sind Klimaeffekte, Änderungen der Wasserbilanz oder die Einwirkung von Luftschadstoffen. Nach einer Stagnationsphase kann das Moor dann irgendwann sein Wachstum wieder aufnehmen. Es regeneriert also selbstständig. Dabei wirkt die Fähigkeit eines Regenmoores zur hydrologischen Selbstregulation unterstützend. Insgesamt ist die Regeneration ein sehr komplexer Vorgang. Sie kann nachweislich Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauern.

Die Hoffnungen auf eine erfolgreiche Regeneration von anthropogen gestörten Regenmooren ruhen also darauf, dass auch im wiedervernässten und renaturierten Moorrest wieder Prozesse der Selbstregulation (= Autoregulation) einsetzen. Der Zeitraum eines Menschenlebens ist jedoch viel zu kurz, um die Regeneration eines größeren, wachsenden Regenmoores zu erleben. Wahrscheinlich sind dazu Jahrhunderte notwendig. Der stark vom Verschwinden bedrohten Flora und Fauna unserer Regenmoore dürfte so viel Zeit aber nicht mehr zur Verfügung stehen. Deshalb ist es so wichtig, als erstes die wenigen Moorstandorte, die heute noch einen natürlichen oder naturnahen Zustand aufweisen, streng und konsequent zu schützen.

 

Fachgerechte Abdämmung eines Entwässerungsgrabens unter Verwendung gefällter Bäume in einem bereits bewaldeten Regenmoorrest in der Lüneburger Heide.

Fachgerechte Abdämmung eines Entwässerungsgrabens unter Verwendung gefällter Bäume in einem bereits bewaldeten Regenmoorrest in der Lüneburger Heide.

© Hans-Bert Schikora (2000; Königsmoor, Lüneburger Heide)



© expedition-moor.de