Der Foto-Streifzug durch die verschiedenen Zonen eines Regenmoores hat dir bestimmt eine Vorstellung davon vermittelt, wie es dort ausschaut oder ausschauen kann. So verschieden, wie die Zonen wirken, so unterschiedlich sind auch die dortigen Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere. Darüber, welche besonderen Lebensbedingungen sie vorfinden, und welche Merkmale die Regenmoorzonen auszeichnen, kannst du dich hier genauer informieren.
Merkenswertes
Wer wo im Regenmoor? Eine Bindungsfrage
Die verschiedenen Zonen im Regenmoor haben große Bedeutung als Lebensraum für die verschiedenen Pflanzen und Tiere eines Regenmoores. So leben bestimmte Arten ausschließlich auf der Hochfläche, andere wiederum findest du etwa nur in der Laggzone oder nur im Randgehänge. Wieder andere Arten nehmen es dagegen nicht so genau und treten gleichzeitig in mehreren Zonen auf. Oder man findet sie auch außerhalb des Regenmoores in ganz anderen Lebensraumtypen.
Daran kannst du erkennen, dass die unterschiedlichen Pflanzen und Tiere eines Regenmoores sehr unterschiedliche Beziehungen zu ihrem Regenmoorlebensraum aufweisen können. Ökologen sprechen von Arten-Lebensraumbeziehungen. Etwas vergröbert kannst du bei Landlebewesen drei Grundformen von Arten-Lebensraumbeziehungen unterscheiden:
1 zönobionte Arten (Zönose = Lebensgemeinschaft; -biont = angewiesen sein auf)
Arten, die nur in einem bestimmten Biotoptyp (= Lebensraumtyp) auftreten. Sie weisen eine besonders enge Bindung an ihren Lebensraum auf.
2 zönophile Arten (-phil = zugeneigt sein, liebend)
Arten, die einen bestimmten Biotoptyp lediglich bevorzugen, aber auch in anderen gedeihen. Ihre Bindung an diesen Biotoptyp ist eher locker.
3 zönoxene Arten (-xen = fremd)
Arten, die als zufällige, nicht gebundene Bewohner oder Gäste in einem Biotoptyp vorkommen. Die notwendigen Bedingungen für ihre Existenz und Vermehrung sind in anderen Lebensstätten verwirklicht.
Möglicherweise hast du schon einmal gehört, dass ein Regenmoor (»Hochmoor«) ein »allgemein artenarmer Extremlebensraum« sei. Daraus wird dann gerne gefolgert, dass ein Regenmoor hauptsächlich von wenigen Pflanzen- und Tierarten besiedelt würde, die aber hochgradig spezialisiert seien. Doch beide Auffassungen sind aus heutiger Sicht so nicht mehr haltbar. Sie werden auch dadurch nicht richtiger, dass sie so häufig anzutreffen sind. Selbst in manchen Fach- und Lehrbüchern kannst du sie noch finden.
Extremlebensraum Regenmoor?
Von den vier Zonen eines Regenmoores weisen lediglich die Hochfläche und die Übergangszone ausgesprochen unwirtliche Lebensbedingungen auf. Wir haben schon früher festgestellt, dass sie für die meisten bewurzelten Gefäßpflanzen tatsächlich extrem gelagert sind. Sie können unter diesen Bedingungen nicht mehr gedeihen. Inzwischen wissen wir aber, dass nicht alle Lebewesen der Hochfläche oder der Übergangszone gleichermaßen von diesen besonderen Lebensbedingungen negativ betroffen sind. Die Interpretation des Regenmoores als ein extremer Lebensraum gilt also nicht pauschal für alle seine Bewohner.
Allgemeine Artenarmut im Regenmoor?
Tatsächlich kommen nur sehr wenige Arten von Gefäßpflanzen auf der Hochfläche eines Regenmoores vor. Bei den Tieren fehlen dort sogar ganze Gruppen. Beispiele sind Strudelwürmer, Gehäuseschnecken, bestimmte Insekten, Amphibien, Fische oder kleine, wühlende Säugetiere. Auf der anderen Seite gibt es aber andere Organismengruppen, die in großer Arten- und Individuenfülle auf der Regenmoor-Hochfläche vorkommen. Ein eindrucksvolles Beispiel sind die Webspinnen. So wurden in vier wachsenden, ungestörten Regenmooren in Schweden insgesamt 301 Webspinnenarten nachgewiesen. Fast zwei Drittel (199 von 301) dieser Arten traten (auch) auf der Hochfläche auf. Für ganz Schweden sind bislang etwas mehr als 700 Spinnenarten bekannt. Von allgemeiner Artenarmut im Regenmoor kann deshalb keine Rede sein!
Hochgradige Spezialisten im Regenmoor?
Wie steht es mit zönobionten Arten im Regenmoor, also Pflanzen und Tieren, die nur im Lebensraumtyp Regenmoor-Hochfläche vorkommen?
Pflanzen. Unter den wenigen Gefäßpflanzen, die dort noch gedeihen, gibt es keine hochgradigen Spezialisten. Das haben wir bereits früher festgestellt. Selbst die »fleischfressenden« Sonnentau-Arten gehören nicht in diese Kategorie. Nur innerhalb der Torfmoose existieren einige zönobionte Regenmoorarten. Deren Verbreitung ist weitgehend auf die ausschließlich von Niederschlagswasser ernährten Hochflächen beschränkt.
Tiere. Unter den Tieren wachsender Regenmoorhochflächen, die hauptsächlich an Land leben, finden sich nur wenige Arten, die (mutmaßlich) zönobiont sind. Die weit überwiegende Mehrheit der vorkommenden Tiere ist als zönophil zu werten. Sie zeigen eine gewisse Bevorzugung von Regenmoorhochflächen, kommen daneben aber auch in abweichenden Lebensraumtypen vor.
Zönobionte Arten mit relativ enger Bindung an Hochflächen sind ausschließlich bei den wirbellosen Tieren bekannt. Dort finden sich sehr wenige Arten hauptsächlich in bestimmten Gruppen der Gliederfüßer (Insekten, Spinnentiere). Beispiele bieten die Laufkäfer, Zikaden.
Bei den Webspinnen, die besonders artenreich auf Regenmoorhochflächen leben, erwies sich keine einzige Art als zweifelsfrei zönobiont. Ein ganz anderes Bild ergab sich jedoch, wenn ihre generellen Beziehungen zum ökologischen Typ der Armmoore betrachtet wurden. Armmoore schließen ja Regenmoore als nährstoffärmste Untereinheit ein. Jetzt zeigte sich, dass es unter den Webspinnen offensichtlich zönobionte Armmoorarten gibt. Diese Spinnen leben fast ausschließlich in den Zentren von wachsenden Armmooren, kommen also auch in Regenmooren vor.
Möglicherweise liefert eine Betrachtung, die auf Armmoore erweitert ist, ähnliche Ergebnisse auch bei anderen Tiergruppen. Leider lassen sich solche Zusammenhänge aber nur in Regionen untersuchen, wo noch ausreichend viele ungestörte Armmoore existieren. In Deutschland ist das schon lange nicht mehr möglich.