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Wie entsteht eigentlich Torf?
Torfbildung - Sonderfall des Stoffabbaus

Um den speziellen Prozess der Torfbildung genauer zu verstehen, ist es hilfreich, sich zunächst kurz mit dem Prinzip des Abbaus von organischen Stoffen in der Natur zu befassen.

Siehe dazu den Exkurs "Abbau organischer Stoffe in der Natur".

Der Abbau organischer Stoffe in Mooren unterscheidet sich in zwei Punkten mar­kant von dem in anderen Lebensräumen:

  • Zerkleinerungsphase entfällt weitgehend

  • Mikrobielle Phase:
    • Mineralisierungsprozess ist reduziert
    • Humifizierungsprozess überwiegt

 

Zerkleinerungsphase
Die Abbausituation organischer Stoffe in wachsenden Mooren unterscheidet sich in der dritten Phase (Zerkleinerungsphase) grundlegend von mineralischen Böden oder entwässerten (= zerstörten bzw. »toten«) Mooren. Denn im Boden wachsender Moore können nur sehr wenige tierische Organismen leben. Bereits in 10-30 cm Tiefe können sie ganz fehlen. Dies hat zur Folge, dass die dritte Phase (Zerkleinerungsphase) fast vollständig ausfällt. Das ist der Grund, weshalb im Torf der Moore, ganz im Ge­gensatz zum Humus der Mineralböden, die Strukturen des pflanzlichen Ausgangsmaterials oft noch so gut erhalten sind, dass man die betreffenden Pflanzenarten genau identifizieren kann.

Torf mit sehr gut erhaltenen Resten des Torfmooses <em>Sphagnum fuscum</em>. Maßstab 0.5 cm. Aus: OVERBECK (1975; veränd.). Maßstab 1 cm.

Torf mit sehr gut erhaltenen Resten des Torfmooses Sphagnum fuscum. Maßstab 0.5 cm

OVERBECK (1975; veränd.)


Vergleichendes Schema der Bedeutung der vier Abbauphasen organischer Substanzen
Vergleichendes Schema der Bedeutung der vier Abbauphasen organischer Substanzen in wachsen­den Mooren (oben) und Mineralböden bzw. entwässerten Mooren (unten). Die Pfeildicke bezieht sich auf den relativen Anteil der einzelnen Prozesse.

SUCCOW & JOOSTEN (2001; veränd.)

Mineralisierung
In nassen, sauren Böden, wie sie etwa in bestimmten Moorty­pen vorherrschen, kommt der Abbau organischer Substanz durch Mineralisierung fast zum Erliegen. Grund ist das Auftreten anaerober Bedingungen. Gleichzei­tig ist dieses saure, anaerobe Milieu lebensfeindlich für Bodenorganismen. Den­noch wird ein größerer Anteil des jährlich anfallenden Materials mineralisiert.

Humifizierung
Unter diesen Bedingungen kommt dem Vorgang der Humifizie­rung, der besonders bei niedrigen pH-Werten weitgehend ohne Mitwirkung von Bodentieren abläuft, eine größere Bedeutung zu. Bei der Humifizierung unter diesen Bedingungen entstehen vorrangig niedermolekulare Verbindungen. Zu ih­nen zählen etwa die zu den Huminstoffen gehörenden Fulvosäuren. Sie besitzen eine gelb- bis rotbraune Färbung und sind für saure, nährstoffarme Böden mit geringer biologischer Aktivität sehr kennzeichnend. Als Ursache der verminder­ten Abbaurate organischer Stoffe an Moorstandorten kommt dem niedrigen Sau­erstoffangebot damit eine Schlüsselrolle zu.

Vertorfung: Sonderfall des Stoffabbaus
Torfbildung ist demzufolge ein Son­derfall des Abbaus organischer Stoffe. Torf kann also nur entstehen, wenn der Abbau von Pflanzenresten gehemmt ist. Die bei der Torfbildung ablaufenden bio­chemischen Prozesse sind die gleichen wie beim Stoffabbau in Mineralböden. Der Unterschied besteht im relativen Anteil, den diese Prozesse aufweisen, und in der Geschwindigkeit, mit der sie in beiden Ökosystemen ablaufen.


ZUSAMMENFASSUNG

Es lassen sich vier Abbauphasen organischer Substanz unterscheiden, die nacheinander auflaufen: (1) Absterbe-, (2) Auswaschungs-, (3) Zerkleinerungs- und (4) Mikrobielle Phase. Letztere wird nochmals in Mineralisierung und Humifizierung unterteilt.

In wachsenden Mooren spielt die Zerkleinerungsphase kaum eine Rolle. Grund dafür ist, dass im Vergleich zu Mineralböden hier nur wenige Bodenkleintiere existieren können. Sie fungieren in Böden normalerweise als Zerkleinerer abgestorbener organischer Substanz (Zerkleinerungsphase des Stoffabbaus). Deshalb wird in wachsenden Mooren nur ein geringer Anteil des toten Pflanzenmaterials durch Fresstätigkeit von Bodentieren zerkleinert. Diese Besonderheit ermöglicht den Erhalt pflanzlicher Großreste im Torf.

Der untere Bereich des Torflagers wachsender Moore ist immer wassergesättigt. Hierdurch entsteht eine Sauerstoffmangelsituation (anaerobe Bedingungen), welche die Existenzbedingungen für aerobe Zersetzerorganismen (z.B. Bakterien, Pilze) in der mikrobiellen Phase des Abbaus stark einschränkt. Der Sauerstoffmangel führt dazu, dass der Anteil abgestorbenen Pflanzenmaterials, der vollständig mineralisiert, also zu niedermolekularen Verbindungen abgebaut wird, geringer ist als in Mineralböden. Obwohl der Abbau toten Pflanzenmaterials in wachsenden Mooren gehemmt ist, wird aber auch dort ein großer Teil des jährlich anfallenden Materials mineralisiert.

Im oberen, aeroben Bereich des wachsenden Moores ist abgestorbenes Pflanzenmaterial auch gewissen Humifizierungsvorgängen ausgesetzt. Durch Aufwachsen weiterer Torflagen geraten die Pflanzenreste aber bald in den vorwiegend anaeroben, sauerstoffarmen Untergrund, wo sie dann weitgehend konserviert bleiben. Das organische Material der Torfe ist somit aus wechselnden Anteilen unterschiedlich stark zersetzter Pflanzenreste und ihrer Umwandlungsprodukte, den Huminstoffen, aufgebaut.



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