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Moor braucht Schutz
Natürlich, naturnah oder halbnatürlich?

In Modul 4 hast du erfahren, dass Niedersachsen das Land der Moore ist. Kein anderes Bundesland besaß so große Moorflächen. Die meisten Moore waren Regenmoore. Heute ist Niedersachsen eine relativ dicht besiedelte Kulturlandschaft. Wirklich unberührte, also vom Menschen noch unbeeinflusste Naturlandschaft gibt es hier schon lange nicht mehr. Auch nicht unter den Regenmooren, die im Flachland übrig geblieben sind. Alle weisen mehr oder weniger starke Spuren von menschlichen Eingriffen auf. Zum Beispiel als Folge von Entwässerung, Torfentnahme oder gar früherer Moorbrandkultur.

Soweit das Auge reicht: industrielle Frästorfgewinnung im Günnemoor, Teufelsmoorgebiet

Soweit das Auge reicht: industrielle Frästorfgewinnung im Günnemoor, Teufelsmoorgebiet

© Hans-Bert Schikora

 

Bäuerlicher Torfstich mit trocknenden Torfziegeln im Teufelsmoorgebiet (Pennigbüttler Moor). Hinten die mehrere Meter mächtige Torf-Anstichwand.

Bäuerlicher Torfstich mit trocknenden Torfziegeln im Teufelsmoorgebiet (Pennigbüttler Moor). Hinten die mehrere Meter mächtige Torf-Anstichwand.

© Hans-Bert Schikora

Stell dir vor, du hättest die Aufgabe, unsere übriggebliebenen Regenmoore zu bewerten. Und zwar im Hinblick auf ihren Grad an menschlicher Beeinflussung. Am einfachsten geht das, wenn du eine Bewertungsskala entwickelst. Hierbei kannst du dich am Schulnotensystem orientieren:

Skala des Moor-Beeinflussungsgrades

1 natürlich, unbeeinflusst,

2 naturnah, gering beeinflusst

3 halbnatürlich, mäßig stark beeinflusst

4 naturfern, stark beeinflusst

5 sehr naturfern, sehr stark beeinflusst

6 naturfremd, weitgehend zerstört

 

Natürlich. Die Note eins, das Prädikat »natürlich«, würdest du gar nicht mehr vergeben können. Denn es gibt im Tiefland von Niedersachsen streng genommen kein einziges Regenmoor mehr, das in einem vollkommen unbeeinflussten Zustand wäre. Ganz im Gegenteil.

Naturfern bis naturfremd. Am häufigsten müsstest du nämlich die Noten vier bis sechs vergeben. Denn die allermeisten Regenmoore sind heute in einem naturfernen bis naturfremden Zustand. Naturfremd, also weitgehend zerstört, wäre ein Moor, das beispielsweise vollständig abgetorft und danach zur Siedlungsfläche worden ist. Naturferne Regenmoore sind stark bis sehr stark verändert worden. Etwa durch Kultivierung. Sie werden beispielsweise als Dauergrünland oder Ackerfläche genutzt. Oft erinnert nur noch der Torf im Untergrund an die Moorvergangenheit.

Naturnah und halbnatürlich. Nur einen sehr geringen Teil der übriggebliebenen Regenmoore würdest du mit zwei oder drei benoten können. Meist handelt es sich um Reststücke von Mooren, die früher einmal viel größer waren. Als naturnah, also als gering beeinflusst, wertet man solche Moore, deren natürliche Oberfläche nie direkt angetastet wurde. Fast immer haben sie aber eine gewisse Beeinträchtigung durch die Fernwirkung von Entwässerungsmaßnahmen in der Umgebung erlitten. Dieses Phänomen wird als indirekte Entwässerung bezeichnet. Naturnahe Moore bewahren oft einen großen Schatz. Es sind kleinere Flächen mit noch ursprünglicher, torfbildender Vegetation. An bestimmten Stellen kann ein solches Moor deshalb sogar noch wachsen und Torf bilden. Naturnahe Regenmoore sind heute eine große Seltenheit und für den Naturschutz deshalb sehr kostbar.

Häufiger als naturnahe Moore wirst du Moore in einem halbnatürlichen Zustand vorfinden. Meist sind sie früher einmal durch flache Gräben oberflächennah entwässert worden. Solche Moorreste haben sich dadurch meist in Feuchtheiden verwandelt und wachsen nicht mehr. In ihnen kannst du aber immer noch die meisten der typischen Regenmoorpflanzen finden. Auch solche Moore, die von Menschen nur mäßig stark beeinflusst worden sind, haben aus Sicht des Moorschutzes heute einen hohen Wert.

Was macht wohl naturnahe Regenmoorreste heute so wertvoll? Auf Lernstufe 1 konntest du bereits einige Gründe dafür kennen lernen. Zwei Gründe sind aber besonders bedeutsam:

1 Naturnahe Regenmoore sind bei uns die letzten Überlebensräume der regenmoortypischen Pflanzengemeinschaft. Ebenso bewahren sie die spezialisierten Tierarten solcher Armmoore vor dem endgültigen Aussterben.

2 Heute ist es das oberste Ziel des Moorschutzes, ein gestörtes Regenmoor wieder vollständig zum Wachsen zu bringen. Am ehesten sollte dieses sehr hohe Ziel bei den noch naturnahen Moorresten zu erreichen sein. Sie sind in der Vergangenheit ja nur geringfügig von Menschen beeinflusst worden. Voraussetzung für eine solche Moorregeneration sind natürlich geeignete Schutzmaßnahmen und ausreichend viel Zeit. Die meisten Moorforscher rechnen mit Jahrhunderten.



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