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Moore im Wandel
»Es gab einmal ...«

Viele Märchen beginnen mit »Es war einmal ... «. Auch die Geschichte vom Schicksal unserer Moore in Norddeutschland müsste so ähnlich anfangen. Denn hier gab es einmal riesig große Moorflächen. Fast so, wie im Märchen. Alleine mit den Mooren Niedersachsens hätte man kleine Bundesländer wie Bremen, Hamburg, Berlin oder das Saarland viele Male vollständig zudecken können! Davon konntest du dich in Modul 4 überzeugen. Von den riesigen Mooren im Flachland sind nur noch kümmerliche Reste übrig geblieben. Wachsen und Torf bilden tun die meisten von ihnen schon lange nicht mehr. Was also ist passiert? Wir wollen das am Beispiel der Regenmoore einmal näher anschauen.

Urzeit. Du weißt, dass unsere ersten Regenmoore nach dem Ende der letzten Eiszeit entstanden sind. Das war vor 10.000 bis 12.000 Jahren. Menschen gab es damals, in der Altsteinzeit, nur wenige. Metalle kannten sie noch nicht. Sie zogen als Jäger und Sammler umher. Ihre einfachen Werkzeuge und Waffen fertigten sie aus Steinen, Holz und anderen Naturstoffen an. Wahrscheinlich waren den Steinzeitmenschen die jungen Moore und Sümpfe nur lästig. Sie dürften vor allem Hindernisse im Gelände dargestellt haben. Und erst die Schwärme von Stechmücken und schmerzhaft beißenden Gnitzen.

Klein und gemein, aber im Sommer untrennbar mit Moor verbunden: Stechmücken und Gnitzen. Kleidung mit stichdichtem Gewebe und ein gutes Mückenmittel sind besonders am windgeschützten Moorrand stets empfehlenswert

Klein und gemein, aber im Sommer untrennbar mit Moor verbunden: Stechmücken und Gnitzen.

© Hans-Bert Schikora (2010; Nationalpark Store Mosse/Värnamo, Südschweden)

Kleidung mit stichdichtem Gewebe und ein gutes Mückenmittel sind besonders am windgeschützten Moorrand stets empfehlenswert

© Hans-Bert Schikora (2010; Nationalpark Store Mosse/Värnamo, Südschweden)

Altertum bis Beginn der Neuzeit. Über Tausende von Jahren konnten unsere Regenmoore ungestört wachsen. Sie bildeten mächtige Torflager und eroberten ganze Landschaften. Aber auch die Menschen entwickelten und vermehrten sich. Schon früh hatten sie am Rand von Regenmooren Torf gestochen. Doch das Innere der großen Moore wurde sehr lange angstvoll gemieden. Es blieb unberührt. Moore galten als Unland, unnützes Land. Um 1700 wurde in Deutschland die Moorbrandkultur eingeführt. Oberflächlich entwässerte Regenmoore wurden hierzu abgebrannt, um dann auf ihnen den anspruchslosen Buchweizen anzubauen. Doch der Aufwand war groß, und die Nutzbarkeit dieser Felder blieb kurz. So existierten Menschen und wachsende Moore noch bis in das 19. Jahrhundert hinein zwangsläufig nebeneinander.

Buchweizen, eine alte Kulturpflanze, die auch auf armen Böden gut gedeiht. Dieses Knöterichgewächs spielt bei uns heute keine Rolle mehr.

Buchweizen, eine alte Kulturpflanze, die auch auf armen Böden gut gedeiht. Dieses Knöterichgewächs spielt bei uns heute keine Rolle mehr.

© Hans-Bert Schikora (2007; Kopaniec/Jelenia Gora, Polen)

Neuzeit. Dieser Zustand endete erst am Beginn des Industrie- und Technikzeitalters. Also vor rund 200 Jahren. Erst jetzt hatten Menschen Mittel und Möglichkeiten, Regenmoore in gewaltig großem Maßstab zu verändern. Wieso?

  • Es wurden raffinierte Kultivierungsverfahren und wirksame Entwässerungstechniken für Moore entwickelt. »Moorkultivierung« ist die Umwandlung von Mooren in Nutzflächen, zum Beispiel in Grünland oder Äcker.
  • Es wurden genaue Kultivierungspläne ausgearbeitet.
  • Der Staat unterstützte diese Bemühungen mit Geld.
  • Man konnte bald große, starke Maschinen einsetzen, etwa, um Torf zu stechen.
  • Kunstdünger wurde erfunden.

Wieso nahmen Menschen aber diese Mühen auf sich? Es gibt hierfür viele Gründe. Zwei waren besonders wichtig.

  • Die Zahl der Menschen hatte stark zugenommen. Anbauflächen, von denen man die vielen Menschen ernähren konnte, wurden knapp. So fiel der Blick auf die weiten Moore. Sie galten ohnehin als Ödland, das zu nichts nütze schien.
  • Der Brennstoffbedarf stieg stark an. Holz wurde Mangelware. Aber Industrie und große Städte wie Bremen und Hamburg benötigten immer mehr Heizmaterial. So verwendete man für viele Jahrzehnte Torf als wichtigsten Brennstoff. Selbst Eisenbahnen wurden mit Torf befeuert. Erst ab 1870 setzte sich zum Heizen die Steinkohle immer mehr durch.

Heute. Mittlerweile gibt es kaum noch naturnahe Moorflächen im Flachland Nordwestdeutschlands. Dort, wo früher riesige Regenmoore waren, findest du stattdessen Grünland, Äcker oder Torfwerke. Als Brennmaterial spielt Torf keine Rolle mehr. Er wird heute in gewaltigen Mengen vor allem im Gartenbau eingesetzt. Sogar viele Siedlungen und Ortschaften hat man in früheren Moorgebieten gegründet. Schon 1834 hatten sich im Gebiet des Teufelsmoores schon über 12.000 Menschen niedergelassen! Aber die Lebensbedingungen für Moorsiedler waren lange Zeit sehr hart. Wenn du dir unter »harten Lebensbedingungen« nichts Konkretes vorstellen kannst, schau dir die folgende Abbildung an. Sie zeigt, wie unglaublich armselig manche Moorsiedler noch am Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt haben. Ohne fließendes Wasser, Strom und Heizung, aber mit ständig feuchtem Fußboden.

Plaggenkate im Nordloher Moor bei Oldenburg, Niedersachsen. Sie wurde bis 1916 bewohnt.

Plaggenkate im Nordloher Moor bei Oldenburg, Niedersachsen. Sie wurde bis 1916 bewohnt.

© Foto J. DUIS; aus DIERSSEN & DIERSSEN (2001)



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